Eisbrecher-Festival wird zur Hitzeschlacht
Zum fünften Mal lud die Band Eisbrecher zum Festival in die Ratiopharm Arena – und 3000 Fans kamen
Auch wenn bei den Konzertgängern Schwarz die überwiegende Farbe bei der Wahl der Garderobe war, trifft man vor und in der Arena auf einen friedlich feiernden kunterbunten Haufen aus Normalos, Rockern und Gothic-Fans jeden Alters. Während im Innenraum die Konzerte liefen, gab es im Foyer Autogrammstunden von jeder Band, für die die Fans quer durch den ganzen Bereich Schlange standen. Angekündigt wurde ein „Abend der Jubiläen“.
Soulbound
Punkt 15 Uhr legt als erste Band des Tages Soulbound aus Bielefeld los, die sich selbst stilistisch nicht festlegen wollen, aber mit ihrer Art von Alternative Metal mit Einschlag ins Gothic-Genre die gut zur Hälfte gefüllte Halle schon mal ordentlich zum feiern bringen. Nicht fehlen darf natürlich ein lautstarkes Statement gegen Rechts von Sänger Johnny Stecker, gefolgt vom Song „Fuck You“. Allgemein sind die Texte recht sozialkritisch und dystopisch gehalten. Im Herbst erscheint ihr neues Album „Addicted to Hell“, dessen titelgebender Song auf dem Festival gespielt wurde.
Lacrimas Profundere
Die vor dreißig Jahren gegründete Dark Metal-Band Lacrimas Profundere aus Waging am See startete um kurz vor vier als die wohl düsterste Band des Tages. Mittlerweile haben ein paar mehr Musikfans den Weg in die mit gut 35° recht heiße Halle gefunden. Sänger Julian Larre, erst seit 2018 bei der Band, ließ es sich nicht nehmen, sich gleich mehrfach ins begeisterte Publikum zu stürzen. Audiotechnisch war da Luft nach oben, weiter oben hat man von den Texten so gut wie nichts mitbekommen. Im Verlauf des Festivals besserte sich das aber zunehmend.
Heldmaschine
Heldmaschine, die um kurz nach fünf auf die Bühne kommen, erinnern nicht nur zufällig an die zur Zeit vielgescholtene Band Rammstein – kein Wunder, entstand die Gruppe doch 2011 als Nebenprojekt der Koblenzer Tribute-Band Völkerball. Man findet aber deutlich mehr elektronische Elemente, vorwiegend Techno, in ihrer Musik. „Das Argument“, ein Song vom kommenden Album „Flächenbrand“, greift die oftmals nicht mehr vorhandene Diskussionskultur („wer am lautesten schreit, gewinnt“) auf – untermalt von einem futuristisch aussehenden Megafon in der Hand von Sänger René. Zwischendurch lässt sich auch seltenes erblicken – zwischen all den bunt leuchtenden Smartphone-Displays wird ein einsames Feuerzeug geschwenkt.
Blutengel
Fast schon Halbzeit. Während sich Halle und auch der Open Air Bereich vor der Arena immer mehr mit Fans füllen – zahlreiche reisten nur wegen ASP oder Eisbrecher an – brandet draußen kurzzeitig Jubel auf, als sich Alexx Wesselsky alias der „Checker“ kurz auf dem Balkon blicken lässt. Drinnen geht es derweil vor etwas weniger Publikum als bei Heldmaschine weiter mit Blutengel, einer Berliner Elektronik-Band aus dem Umfeld der sogenannten „Schwarzen Szene“. Die Texte der Gruppe um Sänger Chris Pohl und Sängerin Ulrike Goldmann handeln meist von Depressionen, Angst, Tod und Religion. „Kein Mensch“, eine recht misanthropische Nummer vom kommenden Album „Un:Sterblich – Our Souls Will Never Die“ fand sich ebenso im Set wie „Black“, „Dein Gott“ oder „Alles“. Begleitet werden sie dabei von vier Performance-Künstlerinnen, die während des Auftritts in immer wechselnden Kostümen von der Nonne bis zur halbnackten Tänzerin ihre Choreografie aufführen.
ASP
Die Frankfurter Rockband ASP ist ein weiterer Baustein im Abend der Jubiläen – das Album „Weltunter“ erschien vor 20 Jahren. Sänger Alexander „Asp“ Spreng, auf Grund der drückenden Hitze in der Halle nach eigenen Angaben erstmals seit 25 Jahren ohne seinen geliebten Bühnenmantel auf der Bühne, versteht es gut, Geschichten musikalisch zu vermitteln, meist dreht es sich hierbei um Liebe, Leidenschaft und auch Gesellschaftskritik. Die Band ließ es krachen: „Denn ich bin der Meister“ aus dem Krabat-Liederzyklus, „Ich bin ein wahrer Satan“, „Duett“, „Raise Some Hell Now!“ und „Abyssus 2“ brachten die Halle noch zusätzlich zum Kochen. Die Begeisterung bai Fans und Musikern war unübersehbar und förmlich greifbar.
Apropos Kritik: Asp forderte das Publikum zwischenzeitlich eindringlich auf, ihre Smartphones wegzustecken und ließ durchblicken, dass er die Aufmerksamkeit des Publikums gerne für sich haben würde, gerade nachdem die Band wie viele andere auch durch die Pandemie bedingt zwei Jahre gar nicht auf Tour gehen konnte, und fragte, ob man ernsthaft Eintritt für ein Konzertz zahlen würde, um sich dann besagtes Konzert durch den Mini-Bildschirm anzuschauen. Mit Erfolg: Danach waren nur noch sehr vereinzelt leuchtende Bildschirme im Zuschauerraum zu sehen.
Eisbrecher
21:45: Bandtherapeut Dr. Dietz heizt die Menge für den Headliner des Abends an. Auch bei Eisbrecher stehen Jubiläen im Vordergrund – zum Einen wurde die Band vor zwanzig Jahren gegründet und zum anderen feiert man – die Jahre 2020 und 2021 aus bekannten Gründen nicht mit einbezogen – fünf Jahre „Volle Kraft Voraus“ Festival, das 2017 aus der Taufe gehoben wurde. Der Checker und seine Band, deren letzte Alben alle auf den Spitzenplätzen der deutschen Albumcharts vertreten waren, sind in voller Fahrt, gewohnt laut und brachial. Mit „In einem Boot“, „Eiszeit“ (mit Kunstschnee von der Decke rieselnd), „1000 Namen“, „This Is Deutsch“, „Im Guten, im Bösen“ und dem besonders beliebten „FAKK“ gibt es ein krachendes Songfeuerwerk und einen krönenden Abschluss des Festivals.